Mit den Augen eines Landwirts.


Blogeintrag vom 07. März 2021


Leidenschaft, die Leiden schafft?

Moin liebe Leser*innen,

„Du fährst scheiße!“. Was im Straßenverkehr als Beleidigung aufgefasst wird, ist in der Landwirtschaft ein legitimer Satz bei der Arbeitseinteilung. Zur aktuellen Zeit sind viele Landwirte und Lohnunternehmer unterwegs und erledigen die ersten Feldarbeiten. Auch wir vom Immenhof haben die trockenen Bedingungen genutzt und das Groß an Wirtschaftsdüngern bereits ausgebracht. In dieser Woche hatte ich den Part des Scheiße fahren, was jedoch auch viel Zeit in Anspruch genommen hat.

Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat ein durchschnittlicher Landwirt 2018 49,9 Stunden pro Woche gearbeitet. Dies sind etwa acht Stunden mehr als ein anderer Arbeitnehmer. Ein Betriebsleiter kommt sogar auf etwa 58 Stunden pro Woche. Doch wie sieht es bei uns Landwirten überhaupt mit der viel diskutierten Work-Life-Balance aus?

Die reine Zahl von 49,9 bzw. 58 Stunden pro Woche schreckt im ersten Moment natürlich ab. In der Landwirtschaft sind die Aufgabenfelder jedoch so vielseitig und vielschichtig, dass jeder Tag unterschiedliche Arbeiten mit sich bringt. Ich persönlich kann besonders bei Aufgaben in der Natur mal die Seele etwas baumeln lassen und die Sonnenspeicher wieder auffüllen. Mein Vater kann beim Melken der Kühe gut abschalten. So hat jeder Landwirt während der Arbeitszeit seine Aufgaben, wo er es mal eher entspannt angehen kann.

Zusätzlich müssen die wenigsten in der Landwirtschaft Tätigen zur Arbeit pendeln. Dies ist in meinen Augen ebenfalls Zeit, welche einem sonst verloren geht.

Trotzdem ist der Beruf Landwirt, gerade mit Tierhaltung, ein sehr zeitintensiver Beruf. Die Tiere müssen täglich gefüttert und versorgt werden. Sonntags wird der Tag zumeist ruhiger gestaltet, doch die Stallarbeit will auch getan werden.

Doch besonders während der Ernte können jegliche Gesetze von Arbeitsregelungen außer Kraft gesetzt werden. Während der ersten Grasernte des Jahres 2017 bei uns auf dem Immenhof hing uns das Wetter im Nacken. Eigentlich sollte das Gras an zwei Tagen zusammen gefahren werden. Am ersten Abend des ersten Tages kristallisierte sich jedoch heraus, dass am folgenden Morgen Regen einsetzen sollte. So wurde kurzerhand der Plan geändert und bis in die frühen Morgenstunden weiter gefahren, um das Gras trocken zu bergen. Gegen fünf Uhr setzte auch Regen ein, als gerade die letzte Silofolie bzw. Plane befestigt worden war. Nach einem kurzen Nickerchen und einer großen Tasse Kaffe ging es dann auch schon wieder zum Melken. So etwas ist aber auch bei uns zum Glück eher die Ausnahme.

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Wie steht es um die Work-Life-Balance?

Ein Landwirt arbeitet natürlich deutlich mehr als andere Arbeitnehmer, dabei ist der Weg zur Arbeit aber oft kurz. Während der Ernte, Aussaat oder der Frühjahrsbestellung sind die Zeiten zum persönlichen Ausgleich gering. Im restlichen Jahr kann sich die Arbeitszeit jedoch gut eingeteilt werden. So kann meist über den Tag verteilt genug Zeit für die Familie oder Freizeitaktivitäten genommen werden.

Kiek ma wedder in!
Euer Torben

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