Mit den Augen eines Landwirts.


Blogeintrag vom 17. Januar 2021



Bauernproteste in Deutschland

Moin zusammen,

Bauernproteste? Ist die Lage auf den Höfen wirklich derart schlimm oder jammern die Bauern mal wieder auf hohem Niveau?

Heute möchte ich ein paar Worte zu den aktuellen Bauernprotesten und unseren Beweggründen verlieren. Mit den aktuellen Protesten in all ihren Facetten, versuchen Landwirte deutschlandweit, eine Preispolitik und Rahmenbedingungen durchzusetzen, unter denen die Höfe in Zukunft wieder wirtschaftlich betrieben werden können. Hierbei betrifft den Immenhof Ellerbek mit unseren Milchkühen natürlich vor allem der Milchpreis, daher will ich kurz einige Eckdaten zur Wirtschaftlichkeit wieder geben.

Der Milchpreis lag 2020 im deutschen Mittel bei 34,7 Cent pro Liter, wobei es hier oft ein Süd-Nord-Gefälle gibt. Das bedeutet, Betriebe in Norddeutschland bekommen meistens weniger pro Liter Milch ausgezahlt, als die süddeutschen Kollegen. Nach dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung liegen die Vollkosten für die Produktion von einem Liter Milch bei 41-45 Cent pro Liter. Nur bei einer Milchmädchenrechnung bleibt hier noch etwas für den Landwirten über.

Trotz einer globalen Steigerung des Milchpreises, hat der Lebensmitteleinzelhandel den Preis für Butter im Januar 2021 um 20% nach unten gedrückt. Als diese Information in den Reihen der Landwirte die Runde machte, zogen viele nur ratlos die Schultern hoch oder winkten ab. Frust, Wut und Enttäuschung machten sich breit

Natürlich hat jede Branche ihr eigenes unternehmerisches Risiko zu tragen, doch ohne den Eingriff der Politik in den landwirtschaftlichen Alltag wären die Kosten für die Milcherzeugung deutlich geringer. Fruchtfolge, Greening, Cross Compliance, Umweltauflagen und und und. Diese Auflagen belasten die Produktionskosten immer stärker, wobei die Subventionen dies mittlerweile nicht mehr vollends finanziell ausgleichen.

Finanziell wird vielen Landwirten also die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder man gibt weiter Gas, oder man bleibt auf der Strecke. Deshalb kann ich die Wut und Enttäuschung vieler Berufskollegen nachvollziehen und teile diese auch. Diese Wut und Enttäuschung richtet sich vor allem gegen Politik und den Lebensmitteleinzelhandel. Besonders der Einzelhandel mit seinen fünf großen Marktteilnehmern diktiert in Deutschland den Preis. Dies nur kurz nebenbei: Zahlen der landwirtschaftlichen Krankenkasse vermuten, dass mittlerweile fast jeder fünfte Landwirt in Deutschland an Burnout leidet oder daran zu erkranken droht. Jeder Fünfte.

Ich hoffe, dass ich einen kleinen Einblick in das Gemüt und Portemonnaie geben konnte. Doch wie soll meiner Meinung nach nun dieses Problem behoben werden? Ich denke, damit jeder Landwirt ein vernünftiges Einkommen generieren kann, bedarf es verschiedener Dinge. Die Landwirtschaft muss vom Credo „Wachse oder weiche“ weg kommen. Sie muss die ökologischen Aspekte weiter vertiefen und eine deutlich nachhaltigere Produktion anstreben. Dies muss sowohl vom Verbraucher, dem Einzelhandel und der Politik mitgetragen werden, sodass eine gerechte Bezahlung für den Landwirten am Ende steht und in Zukunft die Nachhaltigkeit über dem Profit steht.

Denn sind wir doch mal ehrlich: Wenn ein Landwirt sich gut überlegen muss, ob er es sich leisten kann, seine Kühe auf die Weide zu lassen, wenn im Stall durch eine effektivere Fütterung die Milchleistung höher ist, dann kann das nicht richtig sein! Das Tierwohl hinten anstellen zu müssen, weil sonst das wirtschaftliche Überleben eines Betriebes gefährdet wird, geht gegen alles, was wir in unserer Ausbildung lernen und wofür wir arbeiten.

Kiek ma wedder in!
Euer Torben

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